Kleine Poetik der Schublade

Schubladen dienen bekanntlich der Aufbewahrung von Dingen und der Stiftung von Ordnung, auch wenn in ihnen häufig das Chaos regiert. Meist befinden sie sich an Orten, wo man sie übersieht. Obwohl Schubladen in vielen literarischen Texten eine entscheidende Rolle spielen, bleiben sie in der Literatur...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Begemann, Christian ([Autor])
Format: eBook
Language:German
Published: Göttingen Wallstein Verlag 2023
Subjects:
Online Access:
Collection: Nomos - Collection details see MPG.ReNa
LEADER 02574nmm a2200265 u 4500
001 EB002176904
003 EBX01000000000000001314438
005 00000000000000.0
007 cr|||||||||||||||||||||
008 231006 ||| ger
020 |a 9783835397576 
100 1 |a Begemann, Christian 
245 0 0 |a Kleine Poetik der Schublade  |h Elektronische Ressource  |c AUTOR Begemann, Christian 
260 |a Göttingen  |b Wallstein Verlag  |c 2023 
300 |a 146 pages 
653 |a Sprach- und Literaturwissenschaft 
700 1 |a Begemann, Christian  |e [Autor] 
041 0 7 |a ger  |2 ISO 639-2 
989 |b NOMOS  |a Nomos 
028 5 0 |a 10.5771/9783835397576 
776 |z 9783835391635 
856 4 0 |u https://doi.org/10.5771/9783835397576  |x Verlag  |3 Volltext 
856 4 2 |u https://www.nomos-elibrary.de/extern/nomos/live/cover/10.5771_9783835397576.png  |x Verlag  |3 Cover 
082 0 |a 340 
520 |a Schubladen dienen bekanntlich der Aufbewahrung von Dingen und der Stiftung von Ordnung, auch wenn in ihnen häufig das Chaos regiert. Meist befinden sie sich an Orten, wo man sie übersieht. Obwohl Schubladen in vielen literarischen Texten eine entscheidende Rolle spielen, bleiben sie in der Literatur- und Kulturgeschichte häufig unbemerkt. Höchste Zeit also, einen Blick hineinzuwerfen. Von Goethe bis Musil nimmt der Essay von Christian Begemann Funktionen und Bedeutungsebenen dieses sehr speziellen Behältnisses in den Blick. Die Literatur des 19. Jahrhunderts und der frühen Moderne entfaltet nämlich eine regelrechte Poetik der Schublade, deren Inhalt etwa der Charakterisierung von literarischen Figuren dient. Aber in und aus ihnen entspringen auch Handlungen, wenn etwa Dinge, Aufzeichnungen oder Briefe zutage treten, die das Leben der Figuren einschneidend verändern. Mitunter werden ganze Geschichten aus Schubladen hervorgesponnen: Katastrophen, kleine und große, Liebesdesaster und Ehekrisen. Das spiegelt sich auch in der Konstruktion von Erzählungen wider, die als alte Blätter fingiert in Schubladen aufgefunden werden. Schubladen sind Räume des Gedächtnisses, damit aber auch Räume des Unbewussten. Neben längst vergessenem Plunder finden sich dort auch Objekte, in denen Erinnerung gespeichert ist, und die, oftmals gespenstisch und zerstörend, die Vergangenheit wiederkehren lassen. Dass hier Kräfte am Werk sind, die ungerufen auftreten und sich nicht steuern lassen, macht die spezielle Magie der Schublade aus. Schaut man genauer in sie hinein, werden Fragen eines kulturellen Imaginären aufgeworfen, das Risse im modernen Bewusstsein markiert.