Heidelberger Jahrbücher

Bei aller Anerkennung der Leistungen des Staatsvolkes der Bundesrepublik Deutschland seit dem 2. Weltkrieg ist doch zu bemerken, daß zwischen Staatsbürger und Staatsgewalt ein natürliches und ausgewogenes Verhältnis nicht wiederherge­ stellt wurde. Die Abkehr von einem übersteigerten Nationalgefühl...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Mittler, Elmar
Format: eBook
Language:German
Published: Berlin, Heidelberg Springer Berlin Heidelberg 1987, 1987
Edition:1st ed. 1987
Series:Heidelberger Jahrbücher
Subjects:
Online Access:
Collection: Springer Book Archives -2004 - Collection details see MPG.ReNa
Description
Summary:Bei aller Anerkennung der Leistungen des Staatsvolkes der Bundesrepublik Deutschland seit dem 2. Weltkrieg ist doch zu bemerken, daß zwischen Staatsbürger und Staatsgewalt ein natürliches und ausgewogenes Verhältnis nicht wiederherge­ stellt wurde. Die Abkehr von einem übersteigerten Nationalgefühl unter dem natio­ nalsozialistischen Regime und die bisher bestehende Unmöglichkeit der Herstellung eines Staatswesens, das mit der Nation identisch ist, mögen wesentliche Gründe für diesen Befund sein. Überspitzt könnte man sagen, wir haben eine Verfassung, aber keinen Staat, und daher sind wir immer wieder und gleichermaßen Ideologiebestre­ bungen, dem Druck von Partikularinteressen und der Staatsverdrossenheit ausge­ setzt. Unsere liberale Verfassung will die Freiheit des Einzelnen schützen und gleich­ zeitig die notwendigen Allgemeinbelange; sie ist auch insoweit eine bewußte Abkehr vom Kollektivismus sozialistischer Staaten, der die Identität von Staat und Gesell­ schaft zur Grundlage seines Systems erklärt. Aber ein übersteigerter Schutz der indi­ viduellen Freiheit, zu dem man heute bei uns neigt, müßte doch kompensiert werden durch eine starke Staatsgewalt, die, der freien Gesellschaft als Wächter der Freiheit gegenüberstehend, stärker die für alle geltenden Rechtswerte und Rechtsregeln der Verfassung bewahrt und durchsetzt. Grundrechte wirken, exzessiv in Anspruch ge­ nommen, nicht mehr nur freiheitsverbürgend, sondern als Vehikel eines Egoismus, der den kategorischen Imperativ Immanuel Kants unbeachtet läßt. Das gleiche gilt für die Interessenvertretungen durch Verbände, die an staatlichen Entscheidungen partizipieren wollen, aber die Verantwortung für das Staatsganze doch nicht überneh­ men können
Physical Description:IX, 294 S. 7 Abb online resource
ISBN:9783642717772